Jahr Ereignis Baunachricht Landesfürst Pfleger
11. Jahrhundert Andechsische Ministerialen sind im Inntal ansässig und Burgbautätigkeiten sind nachgewiesen.      
 1165 Die Grafen von Andechs werden mit den Grafschaftsrechten belehnt und sind im Besitz von Anteilen an der Saline Hall/ Thaur.      
 1208 Nach Ächtung der Andechser gehen die Grafschaftrechte im Inntal an die Grafen von Tirol.     Graf Albert III. von Tirol  
1232 1. urkundliche Nennung der Burg Thaur „de saline mea, quam habeo in Intal juxta Tovr castrum meum“. Kurz darauf werden die Andechser wieder in ihre Grafschaftsrechte eingesetzt und sind wieder Herren auf Burg Thaur.  Zu diesem Zeitpunkt muss eine Burg bestehen, die Errichtung beginnt bereits im 12. Jahrhundert.    
1284 Die Burg wird Graf Meinhard II. verkauft und wird landesfürstliches Eigentum.   Graf Meinhard II. von Tirol  
1295 Nach Meinhards Tod geht die Burg in den Besitz seines Sohnes Heinrich über. Der Richter verrechnet 13 Pfund für ein neues Tor. Graf Heinrich von Tirol  
1300 Erstmalige namentliche Nennung eines Pflegers auf der Burg.     Seyfried von Rottenburg
1303   10 Pfund werden für die Eindeckung eines Turmes verrechnet    
1307   11 Mark für den Wiederaufbau eines Hauses verrechnet    
1317   6 Pfund für die Ausbesserung einer Quelle verrechnet    
1334       Konrad von Auffenstein
1335 Nach dem Tod Heinrichs wird seine Tochter Margarete zur Burgherrin.   Gräfin Margarete „Maultasch“ von Tirol  
1340       Engelbrecht von Villanders
1350       Heinrich Schnellmann
1363 Margarete übergibt die Grafschaft Tirol an den Habsburger Rudolf IV.       
1399       Heinrich Fleding
1406 Herzog Friedrich IV. löst die Burg Thaur ein und überschreibt sie seiner Gemahlin Anna von Braunschweig. Eine Schlosskapelle zum Hl. Maximilian ist genannt. Herzog Friedrich IV. „mit der leeren Tasche“  
1420       Hans von Ems
1425       Marx von Getzens
1435       Andrä Rauch
1436       Konrad Chunrat
1438       Jakob Feist
1440 Herzog Friedrich IV. stirbt. Der zwölfjährige Prinz Sigmund wird für kurze Zeit auf die Burg gebracht, kommt dann an den Hof Kaiser Friedrichs III.   Kaiser Friedrich III. Jörg Dyeperskircher
1446 Sigmund kommt als Landesfürst zurück nach Tirol und residiert wiederholt auf Burg Thaur.   Erzherzog Sigmund „der Münzreiche“ von Österreich Wolfgang von Freundsberg
1448       Hans Kripp
1450       Konrad Vintler
1469       Georg zu Zusinegk
1472   Die beiden Steinmetzen Heinrich und Hans aus Thaur bauen an einem Turm.   Martin Schintl
1476       Klement Wolfsecker 
1478       Leopold Spieß
1487 Die Burg geht nach diversen Verpfändungen wieder in den Besitz der Gemahlin Sigmunds, Katharina von Sachsen.     Hans Dieperskircher
1485       Jacob von Spaur
1486       Peter Harber
1487       Hildebrand von Cles
1488       Herren von Kripo
1489       Paul von Liechtenstein
1490 Sigmund verzichtet auf Tirol und Erzherzog Maximilian I. übernimmt den Besitz der Burg Thaur.   Kaiser Maximilian I.  
1493       Siegmund von Welsperg
1496       Paul von Liechtenstein
1498       Bartlmä Kessler
1500   Die Burg wird mit neuen Geschützen versehen und in der Kinzach werden zwei Fischteiche angelegt. Der Innenhof wird gepflastert und ein steinerner Brunnen gesetzt. Am Burghügel werden Weinreben gepflanzt.    
1504 Maximilian I. und Bianca Maria Sforza besuchen die Burg. Die Dächer des Palas werden neu gedeckt und der Zierbrunnen repariert.    
1505       Erich von Braunschweig
1509   Für den Brunnen werden eine geschmeidige Kette und ein Gitter angefordert.    
1510 Die Stadt Hall übernimmt pfandweise Pflege, Gericht und Burg Thaur.      
1511       Leopold Fuxmagen
1514 Auf der Burg Thaur sind venezianische Kriegsgefangene untergebracht. Der Salzmair von Hall Hans Sott erstellt eine Liste von Schäden auf der Burg, die zu beheben sind.   Christof Buchholzer
1515       Margarete von Edelsheim
1518 Maximilian I. besucht mehrmals die Burg um im Halltal zu jagen. Diverse bauliche Veränderungen sind genannt.    
1520     König Karl I. (Kaiser Karl V.) Oswald Anner
1523     Erzherzog Ferdinand I. von Österreich Rudolf Fuxmagen
1525 Bauernaufstände in Tirol.      
1529       Franz Aster
1532   Der Pfleger zahlt dem Kessler von Absam für einen Ofen in der Badstube 5 Gulden und 6 Kreuzer.   Franz Wilhelm von Hilla
1535       Beatus Widmann
1536 Bei einem Brand auf der Burg wird der gesamte Waffenbestand vernichtet.      
1548       Beatus Widmann
1550   Noch 1545 berichtet die Frau des Pflegers vom schlechten Zustand der Brücken und Gatter. Dieser lässt die größten Schäden auf eigene Kosten ausbessern: eine Brücke soll eingefallen sein, das Osttor dem Verfall nahe, die äußere Mauer ausgewaschen.    
1551   Der Thaurer Anwalt Michael Unterstrasser berichtet, dass alle Wege und Brücken wieder Instand gesetzt sind.    
1556   In einem Kostenvorschlag listet der Hofbaumeister Schöneck folgende Reparaturen auf: der alte Brunnen soll durch einen neuen ersetzt werden, neue Röhren im Bauhaus im Garten sind notwendig, Ausbesserungen an den Dächern, darunter der großen Bastei, dem Stadel und den Stallungen sind notwendig.    
1578   In einem detaillierten Verzeichnis sind alle Baufälligkeiten und Mängel aufgelistet: 1564 soll ein Turm eingestürzt sein und das Erdbeben von 1572 hat vermutlich auch Schäden verursacht. Ein neues Dach, ein neues Küchengewölbe und die Wiederherstellung des Turmes "ganz neu und mit Eggstein" werden gefordert. Erzherzog Ferdinand II. von Österreich  
1579       Tobias Prell
1583   Ferdinand II. lässt einige Räume wieder wohnlich herrichten.    
1589       Paul Alber
1591       Felix Margot zu Steinwandt
1592   Große Mängel am Brunnen werden genannt. Für diverse Bauten werden 2.197 Gulden genehmigt. Dies sind die letzten großen Reparaturen an der Burg.   Paul Alber
1595 Nach dem Tod Ferdinands wohnt Anna Catarina Gonzaga als letzte fürstliche Person auf der Burg. Sie gründet das Regelhaus in Innsbruck und tritt in das Kloster ein, bleibt aber Burgherrin auf Thaur.   Maximilian II. "der Deutschmeister" von Tirol  
1596       Felix Margot von Steinwandt
1604       Christoph Untersberger
1607       Christoph Jacob Liechtenstein zu Carneid
1615 Der Pfleger wohnt nicht mehr auf der Burg.     Hans Georg Braun von Ytzstein
1617       Amandus Egger
1621 Nach dem Tod von Anna Caterina Gonzaga geht die Herrschaft von Thaur an ihre Tochter Maria, ebenfalls Klosterschwester im Regelhaus.   Leopold III. von Tirol  
1646 Nach dem Thronverzicht seiner Mutter Claudia von Medici geht die Burg an Erzherzog Ferdinand Karl.   Claudia von Medici  
1649       Franz Buchberger auf Ullersdorf
1654       Johann Lenard
1657       Anton Spergeser
1658   Die Burg wird als baufällig gezeichnet.    
1667     Erzherzog Sigismund Franz von Österreich-Tirol Ferdinand Truefer von und zu Voldersperg
1669 Der Geigenbauer Jakob Stainer sitzt als Gefangener auf der Burg.   Leopold IV. von Tirol  
1671   Die Hofkammer meldet, dass der gänzliche Ruin der Burg bevorsteht und man empfiehlt mit dem brauchbaren Material im Dorf eine Wohnung und ein Gefängnis einzurichten.    
1680   Die Burg wird als "schon lange Öd und verlassen" bezeichnet.    
1684   Das Gefängnis auf der Burg ist nicht mehr verwendbar, die Gefangenen werden in Hall verwahrt.    
1659   Der Pfleger befürwortet, dass der Thaurer Eduard Truefer 6-8 Fuder Steine abführen dürfe.    
1696 Die Herrschaft Thaur geht zurück an die Tiroler Finanzkammer.     Johann Jakob Wirtenberger
1697       Karl Fideli 
1699       Johann Anton Mor
1706 Die Burg geht als Pfandleihe an die Grafen von Sternbach.   Josef (I. als Kaiser) Karl Fideli 
1710   Eine Brücke wird wieder hergestellt.    
1712     Erzherzog Karl VI. von Österreich Karl Hueber
1718       Johann Anton Kolb 
1743 Im Jahre 1744 erhält Andrä Wenzel von Sternbach die Herrschaft Thaur als Erblehen.   Erzherzogin Maria Theresia von Österreich Johann Anton Mor 
1783     Erzherzog Josef II. von Österreich Romedi Schandl
1803     Erzherzog Ferdinand I. von Österreich Johann Peter von Unterrichter
1817   Ein Windstoß zerstört das Dach der Burg. Ein Bauer verwendet die Reste des Dachstuhls.    
1824       Johann von Isser 
1830 Das Gericht Thaur wird aufgehoben und in das Bezirksgericht Hall eingegliedert.      
1877 Die Burg geht als freies Eigentum an die Familie Sternbach.   Erzherzog Franz Joseph I.  
1939 Die Burg wird unter Denkmalschutz gestellt. Die Burg ist verfallen, der Zugang zur Barbakane mit Brettern verschlagen.    
1967 Bernhard Liphardt kauft die Ruine.      
1980er Jahre   Erste Restaurierungsarbeiten an der Ruine, vor allem an der Barbakane und am Torturm. Eduard Wallnöfer  
2003   Für die Restaurierung der Ruine wird ein langfristiges Konservierungskonzept entwickelt. Herwig von Staa  
2013   Abschluss der umfassenden Konservierungsarbeiten auf der Thaurer Ruine.    
 2015   Umsetzung des Begehungskonzeptes für die Besucher der Ruine.  Günther Platter  
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RUNDBASTION

 

Der Zugang von Westen

Der Zugang zur Burg Thaur von Westen erfolgte ursprünglich über die nicht befestigte Felskuppe (heute Barbakane) und eine Zugbrücke über den tief eingeschnittenen Halsgraben zum mittelalterlichen Torturm. Mit der Errichtung der Barbakane um 1500 wurde der bestehende Zugang gesichert und ausgebaut. Vom kleinen Hügel im Norden führte nun eine Holzbrücke zur hochsitzenden Toröffnung in die Rundbastion. Nur der letzte Abschnitt dieser Brücke war als klappbare Zugbrücke gestaltet. Vor der Restaurierung waren die bis zu 2,50 m starken Mauern der Rundbastion ruinös, die Toröffnung teilweise eingestürzt und die Schießscharten kaum mehr erkennbar. Obwohl heute Rekonstruktionen grundsätzlich vermieden werden, schien dies hier aufgrund der Baubefunde und aus statischen Gründen vertretbar. Die aktuelle Toröffnung ist neu und nach historischen Abbildungen gestaltet.

Schema einer Zug/Klappbrücke mit Brückenkeller und Blendmauer
Schema einer Zug/Klappbrücke mit Brückenkeller und Blendmauer
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BARBAKANE

 

Die Barbakane - "Hundsbart"

Die Barbakane bildet den westlichen Abschluss der Burganlage. Die halbkreisförmige Rundbastion ist über zwei den Halsgraben überspannende Bogenmauern mit dem mittelalterlichen Torturm verbunden. Die ursprünglich bestehende Zugbrücke wird durch eine unbewegliche Brücke auf zwei weiteren, heute nicht mehr erhaltenen Bogenmauern, ersetzt. Die Barbakane zählt zu den weitreichenden Ausbauarbeiten der Burg unter Kaiser Maximilian um 1500. Die Anlage entspricht der typischen italienischen Festungsbauweise als Reaktion auf die Entwicklung der Feuerwaffen. Der aufwendige Verteidigungsbau war in Thaur jedoch nie in kriegerischer Verwendung.

Ansicht der Barbakane von Nordwesten, Aquarell, 2. Hälfte 19. Jahrhundert
Ansicht der Barbakane von Nordwesten, Aquarell, 2. Hälfte 19. Jahrhundert
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BOGENMAUERN

 

Vom Halsgraben zur Theaterbühne

Der Platz, auf dem heute Theaterspiele aufgeführt werden, war ursprünglich ein tief eingeschnittener Halsgraben. Er wurde von vier Bögen überspannt, von denen die zwei äußeren erhalten geblieben sind. Gut erkennbar ist noch die ehemalige Wehrgangebene; darüber sind abwechselnd Sitzfenster und Schießscharten angeordnet. Die Gestaltung von Architekturöffnungen wie Fenster, Türen und Wandnischen sowie Mauerungstechniken wandeln sich im Laufe der Jahrhunderte. Die Bogenmauern der Barbakane sind in Bruchsteinmauerwerk errichtet, die weiten Bögen in Ziegel gefasst. Mauerwerk und Öffnungen sind charakteristisch für das ausgehende 15. Jahrhundert. Die Seitensitze und Schlüsselscharten der Wehrgangebene wurden im Zuge der Restaurierung entsprechend den wenigen Befunden rekonstruiert.

Ansicht der Bogenmauern von Norden, Fotografie um 1905
Ansicht der Bogenmauern von Norden, Fotografie um 1905
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TORTURM

 

Geschichte am Mauerwerk lesen

Der Torturm wurde im 14. Jahrhundert als nach innen offener Schalenturm errichtet. Hoch über dem Gelände sitzen die Toröffnung und das Auflager für die ursprüngliche Zugbrücke. Über dem Tor ist in Ansätzen eine Öffnung zu erkennen, vermutlich eine Pechnase. Das massive Mauerwerk ist durchgehend aus Kalksteinen errichtet, das verwendete Steinmaterial wurde vor Ort aus dem Fels gebrochen. Die Gebäudeecken sind mit Tuffquadern betont. In typisch mittelalterlicher Bauweise sind die Steine lagig gesetzt und die Mörtelfugen mit einem Kellenstrich nachgezogen. In den Ansichtsflächen verweisen mehrere Balkenlöcher auf das Baugerüst und ehemalige hölzerne Bauteile. Die roten Verfärbungen der Eckquader erzählen von einem Brand auf der Burg im Jahr 1536.

Schema eines mittelalterlichen Baugerüstes
Schema eines mittelalterlichen Baugerüstes
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AUSBLICK

 

Die Burg Thaur im Hochmittelalter

Das Dorf Thaur erlebte seine Blütezeit im Hochmittelalter. Die Salzquellen im Halltal und die fruchtbaren Felder im Tal machten es zu einem begehrten Standort. Am Kiechlberg stand die erst vor kurzem wiederentdeckte Burg aus der Zeit um 1000. Auf dem Burghügel wurde ab dem 12. Jahrhundert mit dem Bau der Burg Thaur begonnen. Ihrer Bedeutung entsprechend wurde die Burg zum Sitz des gleichnamigen Landgerichtes, das sich nördlich des Inns von Mühlau bis Terfens erstreckte. Im „Schwarzwaldl“, etwas westlich der Burg, befand sich die Richtstatt. Die Verwaltung und Steuerhoheit hatten die Herren von Thaur als andechsische Ministerialen inne. Auf der anderen Talseite lagen in Sichtweite die Burgen Ambras und Friedberg. Bei feindlichen Angriffen auf Tirol erfolgte die Alarmierung über die Kette der Kreidfeuer. Zu diesem Zweck musste auf dem Hügel ca. 100 m westlich der Burg stets ein Stapel trockenen Holzes bereitgehalten werden.

Verzeichnis der Kreidenfeuer in der fürstlichen Grafschaft Tirol, 1647
Verzeichnis der Kreidenfeuer in der fürstlichen Grafschaft Tirol, 1647
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VORBURG

 

Peterskirche, Romedikirchl oder Schlosskirchl?

Östlich der Kernburg schließt am flach abfallenden Hang die einst ummauerte Vorburg an. In Resten sind die Umfassungsmauer und bauliche Strukturen früherer Wirtschaftsgebäude erkennbar. Die unterhalb der Vorburg stehende Romedikirche ist eigentlich den Hll. Peter und Paul geweiht. Erst mit dem Neubau der Kirche unter Dekan Meringer in den Jahren 1633-42 setzte in Thaur die Romediusverehrung ein, und die Kirche wurde immer häufiger mit dem Dorfpatron in Verbindung gebracht. Der heutige Kirchenbau stammt aus der Zeit um 1780. Die im Volksmund ebenfalls geläufige Bezeichnung „Schlosskirchl“ stimmt nur hinsichtlich der Lage bei der Burg. Die eigentliche „Schlosskapelle“ befand sich innerhalb der Burg und war dem Hl. Maximilian geweiht.

Palmeselprozession zum Romedikirchl, 1910
Palmeselprozession zum Romedikirchl, 1910
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RONDELL

 

Vom Ausbau der Burg

Eine Burg dient der Verteidigung und ist auch Symbol der Macht. Die Burg Thaur wurde ab dem 14. Jahrhundert immer wieder ausgebaut und befestigt. Erzherzog Sigmund und Kaiser Maimilian nutzten sie häufig als Stützpunkt für ihre Hirsch- und Gamsjagden. Es wurde Wein angebaut und am Kinzachbach Fischteiche angelegt. Die reiche Ausstattung sollte das Leben auf der Burg angenehm gestalten; Verwaltung und Lebensalltag waren aber in den blühenden Städten Hall und Innsbruck attaktiver. Um für kriegerische Auseinandersetzungen gerüstet zu sein, ließen beide Landesfürsten Befestigungsanlagen errichten. Im Westen entstand die Barbakane mit neuem Zugang, zwischen Torturm und Kernburg ein Zwinger. Der östlichen Burg wurden Umfassungsmauern mit Halbrondellen vorgesetzt und die Ringmauer mit Stützpfeilern aus mächtigen Brecchiequadern verstärkt.

Darstellung der Burg aus dem Jahr 1499
Darstellung der Burg aus dem Jahr 1499
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RINGMAUER

 

Recycling einer Burg

Nicht nur die Witterungseinflüsse haben die Burg Thaur zur Ruine gemacht, sondern auch ihre Nutzung als Steinbruch. Um sich die kostspielige und mühsame Arbeit im Steinbruch zu ersparen, wurden oft zugerichtete Werk-steine baufälliger Gebäude wieder verwendet. Es ist bekannt, dass vor allem Werksteine der Burg wie die Quader der Mauerpfeiler in Gebäuden der näheren Umgebung verbaut wurden. So wurde 1695 dem Thaurer Eduard Truefer ganz offiziell der Abtransport von 7-8 Fuder Steinen genehmigt.
Für die Pflege der Burgruine setzt sich der Verein Chronos ein. Seit 2003 wurden umfangreiche Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten und archäologische Grabungen durchgeführt. Die Arbeiten wurden dokumentarisch und wissenschaftlich begleitet. Die durchgeführten Maßnahmen sind in Plänen festgehalten und bleiben auch am Objekt ablesbar, z.B. durch Zurücksetzen von Ergänzungen in der Mauerflucht

Ansicht östliche Ringmauer mit Eintragung Restaurierungsmaßnahmen
Ansicht östliche Ringmauer mit Eintragung Restaurierungsmaßnahmen
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BURGHOF

 

Von den Glanzzeiten der Burg

Nach den Grafen von Andechs und Hirschberg wurde Thaur spätestens 1284 unter Graf Meinhard II. zur landesfürstlichen Burg. Viel Zeit verbrachte hier auch seine Enkelin Margarete "Maultasch". Ihr treuer Gefolgsmann Heinrich Schnellmann war zuerst Richter und dann lange Jahre Pfleger auf der Burg. Sein Grabstein liegt in der Pfarrkirche neben dem Eingang zur Sakristei. Die Glanzzeiten der Burg fielen zweifellos in die Zeit Erzherzog Sigmunds und Kaiser Maximilians im ausgehenden 15. Jahrhundert. Sie veranlassten großzügige Um- und Ausbauten auf der Burg und nutzten das Schloss auch regelmäßig zu festlichen Anlässen und zur Jagd. Als letzte Burgherrin lebte hier um 1600 Anna Caterina Gonzaga, die Witwe von Erzherzog Ferdinand. Noch zu seinen Lebzeiten hatte sie übrigens den Bau des Wallfahrtskirchleins Maria Loreto in der Thaurer Au veranlasst.

Kaiser Maximilian I, Gemälde von Albrecht Dürer, 1519
Kaiser Maximilian I, Gemälde von Albrecht Dürer, 1519
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PALAS

 

Strukturen innerhalb der Kernburg

Innerhalb der Ringmauer einer Burg liegen neben Wehrbauten auch Wirtschafts- und Wohngebäude. Auf Burg Thaur sind in der Kernburg neben dem Bergfried an der höchsten Stelle zwei größere Gebäude an der östlichen und südlichen Ringmauer abzulesen, eines davon der Palas. Einzelne Bauteile wie Treppenstufen, verstürzte Gewölbe und Binnenmauern sind erkennbar. Form und Funktion der einzelnen Räume sind noch nicht näher untersucht. Im Palas waren zahlreiche herzogliche Gemächer, die Maximiliankapelle und die Waffenkammern untergebracht. Mehrere Inventare aus dem 15. Jahrhundert beschreiben die Ausstattung von Kammern mit bemalten Holzdecken. Damastvorhänge und Kachelöfen. Sogar eine "pattstubn" (Backstube) wird erwähnt.

Ansicht von Südosten, Gemälde 1713
Ansicht von Südosten, Gemälde 1713
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WESTTOR

 

Zwei Burgtore?

Bei einer Burg ist alles auf Verteidigung und Schutz ausgerichtet. Ihre natürliche Schwachstelle ist in der Regel das Tor. Geradezu kontra-produktiv erscheint daher die Situation auf Burg Thaur, wo zwei Tor-anlagen die Kräfte der Verteidiger bis auf das Äußerste strapazieren mussten. Der ursprüngliche Zugang zur Kernburg ist nicht eindeutig geklärt. Heute sind an zwei Stellen der Ringmauer Zugänge erkennbar. Über die Vorburg ist das Osttor erreichbar. Vom romanischen Tor zeugen hier noch das tiefe Loch für den Riegelbalken in der Laibung sowie Spurrillen an der Schwelle. Das Tor wurde später mit Tuffquadern verstärkt. In der südlichen Ringmauer liegt das später zugemauerte Westtor. Hinter der mächtigen Torlaibung lag die überbaute Torkammer, durch die man in den Burghof gelangte. Die Nutzung des westlichen Tores ist durch die Anlage von Torturm und Barbakane sowie die Reparatur der Brücke jedenfalls bis um 1700 belegt.

Ansicht östliches Tor von Osten, Kupferstich von Josef Pfaundler, 19. Jhd.
Ansicht östliches Tor von Osten, Kupferstich von Josef Pfaundler, 19. Jhd.
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ZWINGER

 

Die neuen Baumeister der Burg

Nach mehr als 300 Jahren Verfallsgeschichte und Dornröschenschlaf wird auf der Ruine Thaur wieder gebaut. Einem langfristigem Konzept folgend wurde seit 2003 die gesamte Burganlage abschnittsweise restauriert. Für die Konservierung wurden nicht nur alle wissenschaftlichen und denkmalpflegerischen Vorgaben erfüllt, sondern vor allem mit viel Energie und Begeisterung gearbeitet. Joe Bertsch als Obmann des Verein Chronos hat die Bedeutung der Burg erst wieder ins Bewusstsein gerückt und die Arbeiten engagiert vorangetrieben. Dem handwerklichen Geschick und den künstlerischen Fähigkeiten von Franz Brunner samt Team ist die gelungene Umsetzung zu verdanken.

Franz Brunner, Lukas Werlberger, Jakob Brunner und Joe Bertsch, 2012
Franz Brunner, Lukas Werlberger, Jakob Brunner und Joe Bertsch, 2012
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BERGFRIED

 

Die Kernburg

Die ursprüngliche mittelalterliche Kernburg des 12. und 13. Jahrhunderts liegt am höchsten Teil der Hügelkuppe und ist von einer 1,40 m starken polygonalen Ringmauer um-schlossen. Im Osten erstreckt sich auf dem bis zur Romediuskirche abfallenden Gelände die weitläufige Vorburg, die von einer Mauer umfasst ist; diese ist nur mehr in Resten erhalten. Die zu einer Burganlage gehörenden Gebäude innerhalb der Ringmauer wie Palas, Bergfried und Kapelle sind heute im Gelände nur mehr schemenhaft auszumachen. In der westlichen Ecke der Kernburg ist an der höchsten Stelle der Bergfried zu vermuten, das erste und stets am besten befestigte Gebäude einer Burg. Hinweise dafür liefern die Grundrissform sowie die ausgeprägte Stärke der Außenmauern von 1,70 cm. Die heute sichtbaren Mauern mit den Lichtschlitzen stammen aus einer spätgotischen Bauphase und sind zum Großteil rekonstruiert.

Luftbild des Burghügels mit der Ruine Thaur, 2015
Luftbild des Burghügels mit der Ruine Thaur, 2015
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MAUERZAHN

 

Werden der Ruine

Thaur war zwar eine landesfürstliche Burg, verlor aber im Lauf der Jahrhunderte zunehmend ihre Funktionen. Zudem waren Instandhaltung und Reparaturen kostenaufwändig, sodass die Burg nach dem Tode des verschwenderischen Landesfürsten Ferdinand II. endgültig aufgegeben wurde. Der Richter war bereits um 1400 in die aufstrebende Stadt Hall gezogen. In der Zeit um 1600 verließen auch Pfleger und Schreiber die unwirtliche Burg. Vereinzelt wurden im Turm noch Gefangene verwahrt. Proiminentester Häftling war im Jahr 1669 wohl der Absamer Geigenbauer Jacob Stainer, der damals der Ketzerei beschudligt wurde. Nach dem schweren Erdbeben von 1670 wurde die Burg als "öd und verlassen" bezeichnet. Von den weitgehend nur im Gelände verlaufenden Mauerzügen der Kernburg ist ein kleiner Teil der mittelalterlichen Ringmauer bis zu einer Höhe von vier Metern erhalten. Zu Beginn der Restaurierungs im Jahre 2003 wuchs auf der Krone dieses Mauerzahns eine kleine Fichte. Die Untersuchung mittels Jahrringanalyse (Dendrochronologie) ergab ein erstaunliches Alter von annähernd 200 Jahren. Das Bäumchen schlug ganz offensichtlich seine Wurzeln noch zu Zeiten Andreas Hofers.

Mauerzahn vor der Restaurierung mit Baum
Mauerzahn vor der Restaurierung mit Baum
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LATRINE

 

Latrine als Fundgrube

Für die Erforschung und Restaurierung von historischen Gebäuden ist heute eine umfassende und interdisziplinäre Zusammenschau verschiedener Wissenschaften Standard. Neben Historikern und Naturwissenschaftlern sind auch Archäologen vor Ort. Besonders ergiebiges Fundmaterial liefern Latrinen, in denen sich über lange Zeit sowohl Abfallprodukte als auch kaputt gegangene oder verlorene Alltagsgegenstände sammeln. In mehreren Lehrgrabungen wurde auf der Ruine Thaur eine barocke Latrine an der nördlichen Ringmauer erforscht. Dort fand sich neben Butzenscheiben, Münzen, Knochen, Töpfen und Schankgeschirr auch hochwertiges Essbesteck. Auch die Reste eines prachtvollen Kachelofens aus maximilianischer Zeit waren hier entsorgt. Die Kacheln tragen oft lebhaften figürlichen Dekor von höchster Qualität. Sie belegen die vornehme Ausstattung der Burg Thaur als bevorzugtes Jagdschloss des Kaisers.

Fragment "Narrenkachel", Universität Innsbruck, Institut für Archäologin
Fragment "Narrenkachel", Universität Innsbruck, Institut für Archäologin